| Wenn man 
              von den Plänen eines Organisten erfährt, er wolle das gesamte Bach'sche 
              Orgelwerk aufführen, so löst das angesichts des Umfanges und der 
              Komplexität dieser Aufgabe normalerweise Achtung und Bewunderung 
              aus. Es stellt sich dann auch schnell eine Gespanntheit und Neugier 
              ein, in welcher Form der betreffende Spieler diese Herausforderung 
              zu meistern gedenkt. Die Nähe zum Jahr 2000, dem Jahr des 250. Todestages von J.S.Bach, 
              und erst recht die vergangenen Monate brachten es mit sich, daß 
              von solchen Planungen und entsprechenden Aufführungen in gehäufter 
              Form zu hören war. Das Angebot für Freunde Bach'scher Orgelmusik 
              war vielerorts sehr groß und natürlich mit der Gefahr verbunden, 
              diese Ereignisse nicht mehr gemäß ihrer eigentlichen, der Musik 
              zugrundeliegenden Bedeutung würdigen zu können.
 Ein solches Ereignis, aber ganz besonderer Art, fand am 23.9.2000 
              in der Basilika St.Margareta zu Düsseldorf - Gerresheim statt. Prof. 
              A.Fiseisky aus Moskau hatte sich seit langer Zeit schon vorgenommen, 
              sämtliche Orgelwerke von J.S.Bach in geschlossener Form innerhalb 
              eines einzigen Tages zu spielen. Er erhoffte sich von einer solchen 
              Aufführung, daß dabei ein "besonderer meditativer Kontakt zwischen 
              den Zuhörern, dem Komponisten und dem Interpreten erreicht" werden 
              könnte. Dadurch würde sich, nach seiner Vorstellung, vielleicht 
              "eine neue Ebene des Verstehens von Bachs Gedankenwelt" für den 
              Interpreten und den Zuhörer erschließen.
 Nach langen und intensiven Vorbereitungen, welche die Konzeption, 
              die Werkabfolge und nicht zuletzt die eigene geistige und körperliche 
              Kondition umfaßten, konnte er sich dieser selbstgestellten Herausforderung, 
              seinem Beitrag zum BACH-Jahr, stellen.
 Der Beginn dieses außergewöhnlichen Konzertereignisses war auf morgens 
              6.30 Uhr festgesetzt. Der Morgen graute noch kaum, aber vor der 
              noch verschlossenen Kirche standen bereits eine ganze Reihe von 
              Menschen , die offensichtlich den besonders spannungsgeladenen Moment 
              des Konzertbeginnes erleben wollten.
 Alexander Fiseisky 
              begann pünktlich sein 1.Programm mit Präludium und Fuge C-Dur, BWV 
              545, einem kurzen, klaren Werk voll optimistischer Spannung, was 
              dadurch besonders gut in diese frühe Morgenstunde paßte und die 
              Zuhörer sofort in Bann schlug. Damit nahm ein insgesamt mehr als 
              19 Stunden andauerndes Orgelkonzert seinen minutiös geplanten Ablauf. 
              Prof. Fiseisky hatte seine Aufführung sämtlicher Bach'scher Orgelwerke 
              in sehr sorgfältiger und intelligenter Art in 16 Konzertabschnitte 
              von jeweils ein- oder eineinhalbstündiger Dauer eingeteilt. Sein 
              Anliegen war dabei neben der Vollständigkeit des Gesamtwerkes vor 
              allem der Wunsch, jedem Zuhörer, auch wenn dieser "nur" einen einzigen 
              der 16 Teile hören konnte, ein attraktives und abwechslungsreiches 
              Konzert darzubieten. Entsprechend waren die einzelnen Konzerte, 
              bis auf wenige Ausnahmen, von einer ansprechenden Mischung aus kleinen 
              und großen "freien" Werken (Präludien, Toccaten, Phantasien, Triosonaten) 
              und verschiedenen Choralbearbeitungen geprägt. Die Art der Werkauswahl 
              kann als ausgesprochen gelungen angesehen werden. In geschlossener, 
              thematisch zusammenhängender Form wurden lediglich die 45 Choralvorspiele 
              des Orgelbüchleins, der 3.Teil der Klavierübung, die Choräle der 
              Neumeister-Sammlung, sowie die 18 Leipziger Choräle in jeweils einem 
              Konzertabschnitt gespielt. Einen Eindruck, wie gut die Vorplanungen 
              tatsächlich gewesen sein mochten, bekam man durch die Feststellung, 
              daß Alexander Fiseisky nie um mehr als wenige Minuten vom vorgesehenen 
              Zeitplan abwich.
 Eine weitere Besonderheit im gesamten Konzertablauf war der Gottesdienst 
              am frühen Abend, dessen musikalische Gestaltung in die Gesamtplanung 
              des Bach-Marathons integriert worden war. Die einzelnen Teile der 
              Messe wurden in eindrucksvoller und passender Weise durch die 6 
              Schübler-Choräle unterstrichen. Kaplan Dederichs verstand es, in 
              seiner Predigt nicht nur in vertiefender Weise die liturgischen 
              Bezüge der einzelnen Choräle zu verdeutlichen, er ging auch in sehr 
              eindringlicher Weise auf die besondere theologische Bedeutung der 
              Bach'schen Orgelmusik ein. Diese sei nicht nur als Ausdruck des 
              tiefen religiösen Verständnis des Komponisten anzusehen, sondern 
              sei auch in besonderem Maße geeignet, Gläubigkeit und Gottvertrauen 
              an die Zuhörer zu vermitteln.
 Die Basilika St.Margareta war während des gesamten Marathons von 
              sehr vielen Zuhörern besucht. Nicht wenige von ihnen waren nahezu 
              während der gesamten Zeit anwesend, um Zeuge dieses einzigartigen 
              Ereignisses zu sein. Auch der Verfasser dieses Berichtes hat mindestens 
              15 Stunden davon erleben können. Bei kürzeren Abwesenheiten wurde 
              er jedoch schnell wieder, wie von geheimnisvollen magischen Anziehungskräften 
              an den Ort des Geschehens zurückgeholt.
 Alexander Fiseisky konzertierte in vieler Hinsicht auf höchstem 
              Niveau. Selten waren kurze Spannungseinbrüche oder geringfügige 
              technische Probleme zu bemerken. Seine Interpretationen waren von 
              hoher Virtuosität und großer Präzision geprägt, wenn die Werke (Triosonaten, 
              große freie Werke, Choralpartiten) es verlangten. Sie waren ebenso 
              gekennzeichnet von großem Ausdruck und tiefer Beseeltheit (z.Bsp. 
              in den großen Choralbearbeitungen), die dabei eine lebendige, farbige 
              Registrierung aufwiesen und auch ein gelegentliches Pleno nicht 
              scheuten.
 In vieler Hinsicht konnte er dabei die nur scheinbar widersprüchlichen, 
              sich in Wahrheit günstig ergänzenden Eigenschaften der Gerresheimer 
              RIEGER-Orgel einerseits sowie des Kirchenraumes andererseits hervorragend 
              einsetzen: Die dreimanualige RIEGER-Orgel mit ihrer zwar sparsamen, 
              französisch orientierten Disposition und ihrer ungewöhnlichen Stimmen- 
              und Werktransparenz sowie die weiche, langatmig hallige Akustik 
              der spätromanischen Basilika. Er konnte sich ebenso auf die gewissenhafte 
              Arbeit seiner insgesamt 8 Registranten verlassen, deren Arbeit zwar 
              durch den 2 Wochen vorher erfolgten Einbau einer neuen elektronischen 
              Setzeranlage erheblich erleichtert wurde, die dennoch eine nicht 
              unerhebliche Mitverantwortung für das Gelingen zu tragen hatten.
 Eine ansehnliche Zahl von Zuhörern hat bis zum Schluß in der Kirche 
              ausgeharrt und wurde Zeuge des spannenden Augenblickes, als Alexander 
              Fiseisky nach dem letzten Choral "Vor Deinen Thron tret ich hiermit" 
              nun selbst vor sein Publikum trat und dessen intensiven Beifall 
              entgegennehmen konnte.
 Insgesamt war dies für viele Zuhörer ein überwältigendes Erlebnis: 
              Die Intensität der Musik, die Spannung während des gesamten Tages 
              und die überaus positive Resonanz beim Publikum haben den Mut der 
              Veranstalter gerechtfertigt, den sie zur Unterstützung dieses Vorhabens 
              aufgebracht haben. Prof. Fiseisky hatte sich die Gerresheimer Basilika 
              für sein Projekt nicht zuletzt deswegen ausgesucht. Er wußte, daß 
              der Kantor Klaus Wallrath ihn bei seinen Plänen rückhaltlos unterstützen 
              würde.
 Dieter 
              Hafner Geschäftsführer des Förderkreises für Musik an der Basilika St.Margareta
  Anschrift:Dr.Dieter Hafner
 Bergische Landstr.293
 40629 Düsseldorf
 Tel.: 0211-287304
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